Kellerei VMV in Bedoin
Ein Ausflug in die Kellerei VMV in Bedoin.
Einen Tag im Leben in einer großen Kellerei, erster Teil.

Wir durften die Weinkellerei in Bedoin besuchen. Die Cave VMV „Vignerons du Mont Ventoux“. Bedoin kennt nicht jeder, aber den Mont Ventoux schon, der herausragt und die Gegend wunderschön dominiert und sein Klima bestimmt.
Spätestens seit der Tour de France vor ein paar Jahren kennt ihn jeder, den gefürchteten glatzköpfigen Riesen der Provence. An dessen Fuß entsteht großartiger Wein in der Genossenschaftskellerei VMV – bei den Weinbauern des Ventoux.

Vielen Dank an Xavier de Carmejane dem Chef, der uns auf eine Führung durch die Cave einlud und Vincent, dem engagierten jungen Kellermeister, der uns alles erklärte und mir manche, bestimmt blöde 🙈, Frage geduldig beantwortete…
Ich habe versucht mir so viel wie möglich zu merken und hoffe es richtig wiedergegeben zu haben 🙂
Wie man erfahren konnte, hat jede Weinsorte ihre Tricks und Kniffe und man braucht Erfahrung, ein gutes Näschen und Geschmackssinn und eine Idee was man will und wie man genau das umsetzen und erreichen kann.
Dazu kommt ordentlich Manpower in sehr kurzer Zeit, da sich die Weinernte innerhalb weniger Wochen abspielt. Anstatt zu 4, arbeiten 12 Leute mit bis zu 90h die Woche während der Weinlese.
Und damit das Keltern logistisch nicht zum Chaos wird, gibt es alle Maschinen und Gerätschaften in riesig (alles für den „Hektor“ ;-). Aber dennoch bei einer Weinernte von 5,7 Millionen kg Trauben muss man ein gutes System haben, damit alles rund läuft und nichts verdirbt, keiner zu lange warten muss etc….
Wir folgen einmal dem Weg der Trauben. Und hier gibt es sehr viele Abzweigungen…. Zuerst folgen wir in Richtung….
….Weißwein und Rosé
Anlieferung

Alle Trauben landen in dem großen Behältnis, wo sie von den Stielen etc befreit werden.
…

Im Anschluss werden sie gleich leicht gequetscht, damit sie aufplatzen und in ihrem eigenen Saft durch die Rohre flutschen können und alle festen Bestandteile mitschwimmen.

Der leckere Traubensaft spült Kerne und Haut mit zur nächsten Station.
Da wir hier eine große Weinkellerei haben, muss die Kelter auch größer ausfallen.

…

Es gibt also 3 solcher „Entstielungsanlagen“. Es können also Trauben für Weißwein, Rosé oder Rotwein gleichzeitig angeliefert werden. Hier in der Weinkellerei überwiegen Trauben für Rosé, der gut die Hälfte der Ernte ausmacht.
…
Der Weg vom Saft zum Wein
Natürlich kommen auch nicht alle Trauben von jedem Weinberg wild durcheinander in eine Pressung. Es wird unterschieden, welche Qualität die Trauben haben. Da haben sich die Mitarbeiter das Jahr über schon schlau gemacht und je nach dem wird es vielleicht ein „schneller“ Rotwein oder er wird sogar 3-4 Wochen auf der Maische mazerieren und noch eingelagert.

Das sind schon die ersten Überlegungen welchen Weg die Traube/ der Saft nehmen wird, um zu einem guten Wein zu werden. Dafür sind die riesigen Rohre mit vielen Hebeln und Abzweigungen da.

Aber es gilt wohl immer probieren geht über studieren. Der junge souveräne Kellermeister erzählte uns, dass er allabendlich mit blauen Zähnen die Kelter verlässt, so viel wird probiert. Wer wünscht sich das nicht? Wein trinken als Beruf…. Er hat aber auch die Verantwortung über die Unmengen von Wein, muss Entscheidungen treffen können und eine genaue Vorstellung haben, wie der Wein werden soll und welche Schritte dazu notwendig sind….
…
Pressung
Nun, wir folgen zuerst dem weißen und rose Saft. Der wird nämlich gleich gepresst. Also fließen der Saft, mit dem Fruchtfleisch, den Kernen und der Schale in einen riesige Presse für schlappe 70 Tonnen (70.000kg!).

Die Presse wird 2x am Tag genutzt, denn es braucht 2-3 Stunden jeweils zum Füllen und Pressen und noch länger zum Reinigen. Die Weißweine und Rosé werden morgens ab 6h gepresst, denn je kühler es ist, desto weniger Farbe geht von den Schalen in den Traubensaft über und desto heller ist der Wein. Wenn die Außentemperaturen mittags um die 30 Grad betragen, muss man das natürlich auch bedenken.
Der Trester wird per Schnecke abtransportiert. Aus ihm wird Alkohol für den pharmazeutischen Bedarf destilliert. Oder es werden damit leckere Würstchen gemacht, aber dazu ein andermal… Nichts verkommt…

…
Gärung von Rosé und Weißweinen
Auch hier spielt die Temperatur eine große Rolle. Damit der Wein im richtigen Gärtank landet müssen wieder an den richtigen Hebeln gedreht werden…

Der Gärvorgang von Weiß oder Roséwein und dauert ca. 2 Wochen in den gekühlten riesigen Tanks, bis er unterbrochen wird.

Ob der Rosé eher lieblich oder trocken wird, hängt auch wieder von der Temperatur ab die bei 15° +/-2° liegt. Das hätten wir nicht gedacht. Auch, dass diese riesigen Tanks dafür stabil gekühlt sein müssen, in einem Umfeld, wo es bei der Weinernte gerne noch bis zu 30° hat…. Kein Wunder sind hier alle Dächer voller PV-Anlagen.

Der Gärprozess wird durch Zuführung von Sulfiten unterbrochen. Dessen Benutzung ist äußerst streng geregelt und wird ständig kontrolliert, damit der Wein weder zu viel Sulfite noch zu wenig enthält. Denn falls die Menge zu gering ist, wird die Wirkung auf die eventuell auftretenden Keime geschmälert und der Wein kann kippen.

Schließlich kann der fertige Wein in die großen Tanks oder kleinen Fässer zur Klärung und Lagerung. Bevor die Gärtanks wieder mit dem nächsten Saft gefüllt werden können, müssen sie ordentlich gereinigt werden.

Sie müssen blitzblank sein, damit keine Verunreinigungen den Saft zu einer ungenießbaren Flüssigkeit machen. Da muss dann trotz der Größe sorgfältig gearbeitet werden, denn es handelt sich ja um riesige Mengen und nicht nur 100 Liter.
Nachdem alle Weine in den unterschiedlichen Lagertanks gepumpt worden sind, bleiben die Gärtanks leer und sind einfach ein schönes Bild im Sonnenuntergang.

…
Klärung und Lagerung
Der fertig vergorene Wein schmeckt schon, aber er ist noch trüb. Die Schwebstoffe beeinflussen den Geschmack, besonders, wenn sie länger im Wein bleiben. Also muss der Wein klar werden, glasklar.
Auch hier gibt es mehrere Möglichkeiten zum Ziel zu kommen. Unter anderem kann man den Schwebstoffe 24h Zeit geben oder sie werden mit Gasen gebunden und können so entfernt werden, was doppelt so schnell geht.

Damit die Weine absolut klar in die Flasche kommen, werden sie vor der Abfüllung durch eine Filteranlage geschickt. Bis vor kurzem wurden sie durch eine Kieselgur – Schicht zur Filtration gepresst.
Heute ist dafür eine hoch technische Maschine verantwortlich, die die letzten noch so kleinen Krümel entfernen. Das hat den Vorteil, dass noch kleinere Teilchen, (bis 0,2 Mikrometer) und Keime entfernt werden können. Allerdings ist sie eine Schnecke im Vergleich zur Kieselgur Filteranlage, die 10x schneller ist. Wie bei allem gibt’s auch hier Vor- und Nachteile.

Wird der Wein nicht gleich abgefüllt, lagert er in den großen Tanks mit Fassungsvermögen von um 500 Hektoliter (entspricht 50.000L) Wahnsinn. Der größte hat über 1000HL und ist unterirdisch. Wenn man den putzt, könnte man meinen, man sei in einem Appartement, so riesig ist er.
Hier gibt es übrigens insgesamt 1060 Tanks, zum Gären, Mazerieren, Reifen und Lagern… Und insgesamt wird ca. 10 Mio Liter Wein im Jahr produziert.
…
Einkaufen im Schlafaffenland
Wir lieben den Rosé oder Rotwein AOP und „tanken“ ihn, wie schon seit Jahrzehnten am liebsten an der Wein-Tankstelle. Wie das kennt ihr nicht?
OK, mittlerweile haben viele Caves auf die Plastiksäcke umgestellt, aber hier gibt noch den offenen Wein. Wir tippeln also mit unserem 5 Liter Kanister in den Laden und lassen ihn auffüllen.
Sie bieten hier 4 Varianten an: Rot oder Rosé in IGP oder AOP Qualität. Für uns gibt’s immer den AOP. Schmeckt herrlich, der Rosé ist super erfrischend und der Rotwein wie ein flüssiges Bonbon. Deshalb ist unsere erste Anlaufstelle, sobald wir in der Provence sind, der Weg zur Cave.
Und natürlich gibt es großartige Weine in Flaschen zur Verkostung in allen Preisklassen.
Hier in der Provence haben wir übrigens auch gelernt, dass Eiswürfel bestens in den Rosé passen und wenn man dann noch ein wenig Erdbeersirup hinzufügt wird’s Kunst….ein „Miro“
…
Manch einer fragt sich jetzt vielleicht, wie man als deutscher Fotograf eigentlich dort hinkommt? Zufälle schickt das Universum…

So viel sei gesagt, aus manchem unfreiwilligen Zusammenstoß entwickeln sich die besten Dinge.
Ende gut alles gut 🙂
