Occitanie

Ambrussum Gallo-Römische Ausbrabungsstätte

Wilkommen in Ambrussum, einer Ausbrabungsstätte Kloster vom Mittelalter, der Römern, Kelten und noch früher! Und das alles an einem Ort, übereinander sozusagen.

Ausgrabungsort und open air Museum Ambrussum liegt zwischen Nîmes und Montpellier, Region Occitanie, unweit der Autobahn „Route de soleil“ A9.
Häufig suchen Archäologen und hoffen was zu finden, hier haben die Archäologen jedoch das Problem, wo die Ausgrabungen beenden und wo weiter machen, denn die Besiedung an dem Ort begann schon durch die Gallier/ Kelten 400 v.Chr., dann waren die Römer aktiv und schließlich wurde ein Kloster darauf gebaut.


Das macht es für uns natürlich umso interessanter, wo doch 800v.Chr. die Kelten bei uns vor der Haustüre Grabhügel aufschütteten und 800 Jahre später Römer ein Castell im Nachbarort errichteten. Wir wohnen ja auch in Römerstein 🙂

Die Gallier und ihr Oppidum
Also mal ganz von vorne: 2300v.Chr. wurde der Hügel als erstes besiedelt. Aber erst am Ende des 4Jhd. v.Chr. befestigten die Gallier den Hügel an dem Flüsschen Vitroule, der ihnen Frischwasser spendete, um eine Siedlung zu errichten. Asterix und Obelix? 😉


Bei uns hießen sie übrigens Kelten (genaueres zur Namensfindung der „Kelten“ haben wir hier schon mal zusammengefasst: https://artontour.de/kelten-von-damals-bis-heute/ )
Ein eindrucksvolles Bollwerk mit eckigen Türmen schützte die Stadt gegen die Feinde der damaligen Zeit.

Heute sind noch 635m mit 24 „Turmauskrakungen“ erhalten, ein Teil davon restauriert.

Man fand bei der Mauer noch unzählige Kieselsteine für Steinschleudern und 2 große Basaltsteine, die als Munition für ein Katapult vorgesehen waren.


Man kann sehr gut erkennen, wie die Kelten keine hundert Jahre später die eckigen Wehrtürme in Rundtürme umbauten.

Im 2. Jhd.v. Chr. wurden weitere Türme ergänzt. Der größte Turm diente wohl nicht nur zur Verteidigung, sondern auch als Statussymbol. Die Höhe der Festungsmauer betrug früher 7,50m.

Rund 1000m Wehrmauer umfassten ca. 5 Hektar Land, ein Teil verfallen, aber dennoch gut erkennbar.

Der Teil Richtung Fluss wurde erst um das 18. Jhd. abgetragen, als man die Steine für die Kalköfen in der Nähe brauchte.

Die römische Übernahme oder das 1.Jhd.v.Chr
Um das erste Jahrhundert v.Chr. übernahmen die Römer die Siedlungen, die entlang „ihrer“ Straßen lagen und bauten sie nach ihren Bedürfnissen um. So auch hier in Ambrussum.
Sie bauten Häuser, wie sie überall im römischen Reich üblich waren.


Im ersten 1.Jhd. v.Chr. wurde die Befestigungsanlage von den Römern aufgelockert, Freiflächen geschaffen und Tore wurden eingebaut.

Die „Pax Romana“, der Friede Roms, lässt innerhalb des römischen Reiches militärische Gebäude verschwinden oder besser umnutzen. Die Tore werden geöffnet, entfernt und große Plätze entstehen. Die Via Domitia führte an Ambrussum vorbei und veränderte dadurch auch diese Stadt.

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Via Domitia
Die Römer waren die Meister des Straßenbaus. Zum Teil bauten sie schon bestehende Routen aus oder schufen neue Straßen, um die Heere, Waren und Post schnellst möglich in alle römischen Städte bringen zu können. Ohne das Versorgungssystem und die Annehmlichkeiten der Waren aus aller Welt wollte kein Römer wohnen.
Der Prokonsul Domitius annektierte 120 v.Chr. das heutige Südfrankreich. 118 veranlasste er eine Straße zu bauen, die sämtliche Ländereien verbinden sollte und gab ihr natürlich seinen Namen. Die Via Domitia ist die älteste Römerstraße Galliens, war mit 556 km Teil des römischen Wegenetzes von Cadiz nach Rom und führte von den Alpen bis in die Pyrenäen.
Domitius ließ es sich nicht nehmen deren Einweihung pompös zu feiern und auf einem Elefanten zu reiten, als Hommage an Hannibals Eroberung 100 Jahren zuvor.

Ihr Verlauf orientiert sich im wesentlichen an den landschaftlichen Gegebenheiten und verläuft dabei so gradlinig wie möglich. Auch sie sind Zeugen der technischen und handwerklichen Meisterleistungen der Römer. Noch heutzutage folgen viele Straßen den römischen Straßen (und davor im Mittelalter z.B. die Salzstraßen). So kann man auch hier sehen, wie die A9, Autoroute du Soleil, der 2000 Jahre alten Via Domitia folgt. Man beachte den Maßstab, sie weicht hier vielleicht mal 500m ab!

Bild vom Museum Ambrussum


Dabei gibt es sogar Brücken, natürlich verändert oder mehrfach restauriert, die heutzutage noch genutzt werden, aus damaligen Zeiten, wie z.B. in Sommières. Der Pont Ambroix hat leider nur noch einen Bogen.

Selbst redend brauchten die Straßen auch Relais Stationen, also quasi Autobahn Raststation, inklusive Übernachtung, Essen, Reparatur, Post und Administration, welche oftmals an schon bestehenden Orten ausgebaut wurden, wie hier in Ambrussum am Vidourle.

Der Vidourle
Man hat herausgefunden, dass das heute so beschauliche Flüsschen mehrfach (10x) seinen Lauf und seinen Wasserdurchfluß veränderte. Als die Kelten sich niederließen, war es eher ein harmloses, beschauliches Flüsschen. Erst zwischen 10 v.Chr und 75 n.Chr. änderte sich sein Wesen dramatisch, es traten häufiger und heftigere Hochwasser und Überschwemmungen auf, als zuvor.


Das erklärt jetzt auch, weshalb sich die Relais Station der Via Domitia mitten im Hochwassergebiet befand. Wurde die Via Domitia doch schon über 100 Jahren zuvor erbaut. Aber dazu nachher mehr…

Der Vidourle ist heute ein charmantes und zugleich unberechenbares Flüsschen. Er entspringt in den Cevennen und fließt sogar bis ins Mittelmeer. Sein klares Wasser generiert wunderschöne friedliche Schattenbilder mit der Brücke „Pont Ambroix“.


Aber wehe, wenn sie los gelassen. Die Schnelligkeit, Heftigkeit und das Ausmaß ihrer Überflutungen, haben die Académie Française (für die französische Sprache zuständig) veranlasst dem Phänomen einen eigenen Namen zu geben: „Vidourladen“! Diese haben über die Jahrhunderte immer wieder die Orte an seinem Lauf stark beschädigt. Umso unglaublicher ist es, dass er im Sommer beinahe austrocknet.

Als Sprachler fand ich besonders interessant, dass manche Sprachwissenschaftler den Vidourle als den Grenzfluss zwischen der provencalischen Sprache und dem Languedokischen Sprache sehen und nicht die Rhône.

Schon die Römer bauten Deiche und befestigten die Ufer des Vidourle. Die Einwohner der Gegend haben sich bis heute dem Fluss angepasst, Straßen und Wohngebiete höher gelegt. Allerdings konnten alle Deiche, die letzten starken Hochwassers nicht aufhalten. Am 9.September 2002 stieg er bis auf 8,20m an.

Interessanter Weise haben die Franzosen einheitliche Hochwassermarken gestaltet, auf denen man ablesen kann, wann und wie hoch das Wasser stieg.

Der Pont Ambroix
Von der einst ca.150m langen Brücke Ambroix über den Vidourle ist heute fast nichts mehr übrig und dennoch sehr beeindruckend.


Der Pont Ambroix war ein Teil der Via Domitia.
Die Brücke über den Vidourle wurde höchst wahrscheinlich zeitgleich mit der Relais- oder Umspannstation ca. 30 v.Chr. und auf Kosten des Römischen Staates gebaut.
Die Römer rechneten sehr wohl mit Hochwassers, bauten die Brücke auf Stein, bauten Spitzen/ Bug zum Abdriften von Treibholz und befestigten sie entsprechend.
Vom einst imposanten, 6,60m breiten und 100-150m langen, Pont Ambroix ist leider nur noch ein Brückenbogen übrig, von etwa 11 Bögen.


Bis zum 13. Jhd wurde sie als Brücke benutzt, die Religionsgemeinschaft hatte ja auf dem Hügel ihr Klöstern. Dann aber wurde sie von Bewohnern des Nachbarortes Gallargues-les-Montueux teilweise abgebaut (geschleift) und die Hochwasser vollendeten die Zerstörung. Bis zum Hochwasser 1933 standen noch 2 Bögen.

Mehr Bilder findet ihr hier: Pont Ambroix 

Erreichte man das Ende der Brücke, konnte man entweder den steilen Weg direkt in die Stadt nehmen, oder auf der Via Domitia nördlich um die Stadt herum fahren.

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Die römischen Straßen im Oppidum
Wo wir heute die Straßen in schöner Landschaft bewundern, waren früher Häuser mit Läden, Wohnhäusern oder Restaurants.

Wie viele Wägen den Weg wohl genommen haben, um solche Spuren hinterlassen zu können? Das werden wir wohl nicht mehr herausfinden können….

Unvorstellbar, aber auf 200m konnten die Wägen nicht aneinander vorbei fahren, weil die Straße zu schmal war.

Noch heute kann man genau sehen, wo die Wagen fuhren und dass es sogar so etwas wie „Gehwege“ gab.

Die Relaisstationen oder Raststationen
Unterhalb der Ortschaft entstand 30 v.Chr. im heutigen Überschwemmungsland die Relais Station. Zu der Zeit, als diese errichtet wurde, war der Vidourle noch deutlich friedlicher. Allerdings mussten sie im Lauf der Zeit Deiche bauen und schließlich war nur noch ein Teil der Häuser bewohnt.

Was aber war eine Relais oder Umspann Station? Das heißt ins heutige Deutsch übersetzt: Raststation inklusive Hotel + Kfz Werkstatt, WLAN etc. Damals hieß gab es eine Schmiede, Post, Pferde Wechsel, Bäder, Restaurant und Übernachtungsmöglichkeiten.

Hier sind die Überreste der Schmiede zu sehen.

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Museum

Das dazugehörige feine Museum habe ich natürlich auch angeschaut. Es erklärt die ganze Ausgrabungsstätte super, inklusive Film und alles auf französisch und englisch, manmal sogar Blindenschrift und für Rollis befahrbar. Es lohnt sich wirklich. Wenn ihr das Windrad seht, seid ihr angekommen…

Es wurde auch einiges an Münzen gefunden, weshalb man hier auch eine kleine Schatzsuche machen kann. Übrigens hatten manche Münzen Zacken, ähnlich den Briefmarken, damit sollte die Fälschungssicherheit erhöht werden.

Außerdem fand ich ein paar nette Erklärungen zu den Maßen etc. Das was man im Mittelalter an die Kirchen machte, damit keiner bescheißen konnte und irgendwie hat es manches in die heutige Zeit geschafft: Das damalige „Pfund“ hatte 327,45gr und war in 12 Unzen geteilt, die nur etwas weniger als die heutige Unze wog.

coffee

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