Frankreich,  Occitanie

Kathedrale Saint-Théodorit


Die beeindruckende Kathedrale Saint-Théodorit steht am Rande der mittelalterlichen Stadt Usèz im Departement Gard.Wir haben wirklich schon sehr viele Kirchen und Kathedralen gesehen…. Für uns ist die Kathedrale Saint – Théodorit mit Abstand die authentischste und beeindruckendste Kathedrale von allen.

Im 5. Jahrhundert wurde Usèz zur Bischoffstadt ernannt. 1801 wurde aus dem Bistum eine „normale“ Kirchengemeinde, so wie sie heute noch besteht. Dafür wurde sie in den heutigen Zustand umgebaut. Im 19. Jhd. Wurde die Fassade vorgesetz, so wie wir sie jetzt sehen.

Wie in vielen anderen Kirchen auch, sind im Inneren nur noch Gemälde und fest verbautes Inventar aus der Ursprungszeit erhalten, denn alles was nicht „niet- und nagelfest“ war wurde in der französischen Revolution entfernt und/oder zerstört.

 

Schon allein der Standort der Kirche würde einiges erzählen, könnte er. Von dem Vorplatz aus, sieht man in das Tal, in dem das Aquädukt nach Nimes seinen Ursprung, nämlich die Eure-Quelle, hat und dessen weltberühmte Brücke der Pont du Gard ist.Zur Zeit der römischen Vorherrschaft stand hier wohl ein Göttertempel, bis schließlich 1090 eine erste romanische Kathedrale im Stile Clunys gebaut wurde. Von damals stammt auch noch der Fensterturm „la Tour Fenestrelle“, er ist das einzige, was die vielen Kriege von der ersten Kathedrale übrig ließen, wenn auch um 2 Stockwerke „geköpft“….

 

La Tour Fenestrelle
Mittlerweile ist der beinahe 1000 Jahre alte Turm mit seinen 3 Glocken zum Wahrzeichen von Usèz geworden. Der Glockenturm und sein Unterbau ist alles was von der 1090 errichteten Kathedrale übrig blieb.

Die älteste Glocke von 1634 läutet derzeit leider nicht.
Unweigerlich wird man an den schiefen Turm von Pisa erinnert, wenn man den 42m hohen „la Tour Fenestrelle“ anschaut. Kein Wunder, denn er ist den freistehenden Türmen Italiens (Campanile) nachempfunden und der einzige runde Glockenturm Frankreichs. Im 17. Jhd wurde er im lombardischen (vorromanischen) Stil in enger Anlehnung an das Original renoviert.

 

Bau und Wiederaufbau der Kathedrale
Leider keine 100 Jahre nach dem Bau der ersten Kathedrale wurde sie während des Albigenser Kreuzzuges 1177 teilweise beschädigt und anschließend wieder aufgebaut.
Im Mittelalter, während der Religionskriege schafften sie es, an einem Tag im Mai 1563 die wiederaufgebaute Kathedrale und den Bischofspalast zu beschädigen und schließlich 1621 völlig zu zerstören.
Durch königliche Anordnung 1637 wurde nicht nur der Wiederaufbau der Kathedrale, sondern auch des Bischofsitzes erlassen.
1645 bis 1663 wurde sie noch einmal aufgebaut, mit deutlich längerer Bauzeit als geplant. 20 Jahre Bauzeit statt 3 Jahre…. erinnert irgendwie an heutige Bauwerke ;-)…. nur ist sie viel beeindruckender. Und auch die Finanzierung ähnelt der heutigen… eine Steuer sollte 8 Jahre lang mit 2 Groschen pro Pfund Fleisch den Säckel des Bischofsitzes füllen. Leider verdreifachten sich die Kosten und aus den geplanten 20.000 Pfund wurden 62.000, was heute 2023 etwa 14.136.000 Euro (62.000 x200 x1,14 bei sehr schwachem Pfund) entsprechen würde.
Erst 4 Jahre nachdem die Kathedrale wieder in neuem Glanz erstrahlte, wurde auch der Bischofsitz wieder aufgebaut.
1801 als der Bischofssitz in eine „normale“ Gemeinde gewandelt wurde, musste auch das Innere für die neue Nutzung umgestaltet werden.

Den Glanz alter Tage kann man im Inneren der Kirche noch erkennen. Sie ist wunderschön und nicht zu „Tode restauriert“, manches sogar dem Verfall  erlegen.
Wir hatten das Glück und waren ganz alleine dort, an einem Sonntag Nachmittag. Das Gefühl einer lebendigen und geschichtsträchtigen Kirche umgibt einen, sobald man sie betritt.

Wir waren absolut begeistert, denn sie ist in vielerlei Hinsicht beeindruckend, erbaut im Stil der Gegenreformation, wie es Mode gewesen war unter LouisXIV.

 

Emporen und Galerien
Absolut ungewöhnlich sind die vielen Emporen, Galerien, Treppen und Übergänge mit ihren Schmiedeeisernen Geländern.
Das Schmiedeeisen war ursprünglich vergoldet, wie beeindruckend das wohl gewesen sein mag…


Die oberen Galerien mit den Steinbalustraden über den Kapellen waren von Anfang an den Bischöfen vorbehalten.
Darunter wurden 1685 die unteren Emporen einzogen, damit die konvertierten Protestanten/Hugenotten/Calvinissten am Gottesdienst teilnehmen konnten. Der Grund: Das Edikt von Nantes hatte Prostestanten erlaubt ihren Glauben auszuüben, jedoch verbietet Louis XIV dieses wieder, im Edikt von Fontainebleau 1685.

 

Die Orgel

Auch ihre fast 350 Jahre alte Orgel (von 1660-1685 gebaut) ist wunderschön, in gold und perlgrau. Sie soll eine der am schönsten restaurierten Orgeln Frankreichs sein, mit ihren 2826 Pfeifen (hier gibt es unterschiedliche Angaben, ich halte mich an die Angaben in der Kathedrale und nicht vom www) und 44 Registern: restauriert 1844 von Daublaine & Callinet, die auch Notre – Dame Paris machten und 1969 kurz vor dem totalen Verfall von Alfred Kern.

Besonders interessant sind die noch erhaltenen Läden , (die außer in Metz nirgends mehr zu finden sind) Sie wurden während der Fastenzeit verschlossen, da Orgelspielen während dieser Zeit nicht erlaubt war.

 

Gemälde und Fresken
Wie wichtig das Bistum von Usèz war, kann man daran festmachen, dass auch Louis XVIII ein Gemälde stiftete, nämlich den Abstieg vom Kreuz von Jean-Louis-César Lair, 1824, das sich hinter dem Altar befindet.

In den Seitenkapellen findet man zum Teil verblassende Fresken aus dem 17.Jhd, aber auch restaurierte Wand- und Deckenbemalung. Das Blau des Sternenhimmels und der Seiten ist umwerfend. Passend dazu die blauen Bleiglasfenster aus dem 19.Jhd.
Der Maler der Fresken Mathieu Soubleyras aus Uzès ist weitgehend unbekannt, sein von ihm unterrichteter Sohn Pierre erlangte jedoch große Bekanntheit und war bis zu seinem Tod ein sehr gefragter Maler in Rom.Die Mischung aus alt und restauriert macht den Charakter und die Ehrlichkeit der Kathedrale aus.1663 wurde an den Pfeilern 12 blaue Weihekreuze, das päpstliche Hoheitszeichen, angebracht, um den Ort zu für den Gottesdienst „einzuweihen“.Für mich als „Goldmarie“ waren die ganz in Gold gehaltenen Bilder des Kreuzweges auch sehr beeindruckend.

 

Reliquie und Grabstätten
Natürlich gibt es auch Gräber und eine Reliquie, das Skelett des St.Firmin, Bischof von Usez von 538-553, der für die die Kirche, Stadt, und darüber hinaus sehr wichtig gewesen war und bis heute als Beschützer der Schwachen gilt. Nach seinem Tod pilgerten viele Gläubige zu seiner Ruhestätte. Noch heute findet am 11. Oktober, seinem Feiertag, ein Jahrmarkt statt.
Und gegenüber wurde dem großen Bischof Baüyn (1737-1779) ein Mausoleum erstellt (ca.1860), nach dem Vorbild des Grabes vom Papst Benoit XII in Avignon. Er war für seine Heiligkeit bekannt und verehrt worden. Hatte er u.a. das Krankenhaus und ein Haus zum Schutz für arme junge Mädchen bauen lassen, sowie die Kirche St. Etienne wiederaufbauen lassen.

 

Wir haben die Atmosphäre der Kirche eingesogen und Geschichte der Kirche einwenig gestreift und sind einfach begeistert.

 

Geschockt war ich allerdings, dass Louis XIV mit dem Edikt von Fontainebleau 1685 der ganzen Reformation (dem Edikt von Nantes von 1598) kurzerhand einen Strich durch die Rechnung gemacht hat….
dadurch waren die Kriege völlig umsonst gewesen, denn der Erlass verbot jegliche Ausübung des reformierten Glaubens.
Aus die Maus! fertig! Krieg, Hunger, Mord und Totschlag Jahrzehnte lang! völlig umsonst!!! Unglaublich!!!

Unser passender Schmuck zu dieser Kirche. Read more


 

 

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert