USA

Ellis Island – erste Station für USA Einwanderer

Ellis Island – Die Insel der Hoffnung für viele und die Insel der Tränen für ein paar Einwanderer der 3.Klasse in die USA, von 1892-1954

Ellis Island war für uns von besonderem Interesse, denn unsere Wurzeln sind auch nur halb schwäbisch , mein Opa war Italiener, der in der Schweiz geboren wurde und Volkers Vater kam aus Südmähren. Außerdem waren meine Tante und Onkel samt Kinder und Kegel 1953 in die USA ausgewandert. Da waren wir neugierig, wie es damals wohl ablief, wenn täglich tausende Menschen untersucht und befragt werden mussten.

Die Einwanderer in den USA kamen schon im 19. Jhd hauptsächlich aus Europa, denn hier herrschte Krieg, politische Instabilität, Korruption, religiöse Verfolgung, es gab wirtschaftliche Probleme, massive Hungersnot und keine Arbeit. (Man überlege, was mit Europa passiert wäre, hätte Amerika die vielen verzweifelten Einwanderer nicht aufgenommen… und denke nun mal an Europa…)
Insgesamt kamen in den 60 Jahren als Ellis Island aktiv war ca. 22 Mio Einwanderer aus Europa in die USA also, das wäre ca.1/4 von Deutschland oder alle Schweizer, Österreicher und Dänen zusammen!

Früher wie heute ist New York eine Einwanderer Stadt. Erst am 26.3.2023 hat New York den Notstand ausgerufen, weil so viele Einwanderer aus dem Süden kommen, dass sie es ohne Bundeshilfe nicht mehr schaffen können.
New York City war im 19. Jahrhundert eine rasant wachsende Stadt, mit allem was dazu gehört. Von 1840-60 wuchs es um 500.000 Einwohner von 312.000 auf 813.000. 1900 war sie mit 3,4 Mio Einwohnern die größte Stadt der Welt. Die Einwohnerzahl hatte sich innerhalb von 20 Jahren sogar verdoppelt.

Amerika, sei das Land der unbegrentzten Möglichkeiten, der Freiheit und des Friedens, die Straßen voller Gold, gäbe es Arbeit und Essen. Diese Vorstellung lockte viele, die in New York doch erst mal in Armut und beengt leben mussten, da der Wohnraum knapp war.

Die Stadt New York musste nun die vielen Einwanderer kanalisieren, denn die ursprüngliche Abfertigung im Castle Garden war für solche Menschenmengen nicht ausgestattet. So wurde Ellis Island nach zähem Ringen 1892 zur ersten offiziellen staatlichen Einwanderungsbehörde. Das Militär musste von Ellis Island weichen. Schon am Ende des ersten Jahres der Station waren 400.000 Einwanderer durchgeschleust worden.
Man sollte dabei wissen, dass es sich bei den Einwanderern von Ellis Island im übrigen nur um Schiffspassagiere der 3.Klasse/ des Zwischendecks handelte. Die großen Dampfschiffe legten in Manhattan an und die Passagiere der 1. und 2. Klasse wurden von Inspektoren direkt auf dem Dampfschiff abgefertigt und konnten dann von Bord gehen. Sie zählen somit auch nicht zu den 12 Millionen Einwanderern von Ellis Island. 

Wir wollen uns Ellis Island ansehen und schippern mit verklärtem Blick von der Statue of Liberty und dem Gedanken der Freiheit Richtung Ellis Island.
Das Museum ist toll gemacht und versucht einem anhand vieler Fotografien und authentischer Gegenstände zu vermitteln, wie es wohl gewesen sein muss für die Menschen damals….aber….

Die Einwanderer, die auf Ellis Island ankamen, waren häufig von Hamburg aus tagelang auf dem Schiff unterwegs, in schlecht belüfteten, stinkenden, engen, vollen, ungemütlichen Räumen, es gab keine Waschgelegenheit, nur zu bestimmten Zeiten durften sie an Deck, bei Sturm gar nicht. Nur die Hoffnung auf ein besseres Leben half es zu ertragen. Mit den einem Dampfschiff dauert die Überfahrt ca.14-17 Tage, später mit den Schnelldampfern nur noch 9 Tage. Die Fahrt in das gelobte Land kostete anfangs für einen Arbeiter ein Jahresgehalt…. Allerdings war das nicht wie Rail and Fly heute, sondern vor der Überfahrt waren Auswanderer schon auf der Flucht gewesen bzw. hatten eine lange Anreise zum Hafen gehabt. Zudem hatten sie teilweise schon Wochen in Hamburg zugebracht, um überhaupt einen Platz auf einem Schiff zu ergattern und alle Papiere zu erhalten, die man für die Einreise brauchte. Es waren 30 Fragen zu beantworten. Außerdem wurden sie Gesundheitschecks unterzogen und desinfiziert, denn nur wer gesund war und z.B. keine Cholera hatte, durfte an Bord. Wer in den USA abgelehnt wurde, musste auf Kosten der Reederei wieder zurück fahren (und diese musste eine Strafe zahlen, da wollten die Reedereien natürlich die Quote niedrig halten…) und schließlich wurden die Auswanderer anfangs noch von Hamburg nach Stade oder Cuxhafen gebracht, wo die großen Überseedampfer ablegen konnten.

Die Menschen haben gejubelt, als sie die Freiheitsstatue gesehen haben und müssen unheimlich froh gewesen sein, bald amerikanischen Boden unter den Füßen zu haben. Aber noch waren sie nicht richtig angekommen… Die großen Dampfer legten an Manhattan an und die Einwanderer der 3.Klasse  wurden mit kleineren Schiffen nach Ellis Island gebracht.

Wir kamen auf Ellis Island an, beschwingt durch die tolle Aussicht auf die Skyline von Manhattan und den Hafen und die Besichtigung der Statue of Liberty. Unser Boot bot uns Touristen alle Annehmlichkeiten, selbst für so eine kurz Fahrt wurde uns viel sollte es an nichts fehlen…. , Imbiss, WC, Sitzplätze, gute Aussicht und gute frische Luft.

Aber auch wir sind nicht alleine, sondern mit vielen interessierten Besuchern…..Man folgt der Menge und Reihen, die man schon kennt… Wir warten ein wenig, lassen alle vor, lassen das schöne Gebäude auf uns wirken und schon verlaufen sich die vielen Menschen vom Schiff…
Warum kommen eigentlich so viele hier her? Völlig logisch, denn als Europäer ist man interessiert daran, wer die armen Seelen aufnahm, als es bei uns schwierig war zu leben und überleben, aber für die Amerikaner waren es die Verwandten, die hier ankamen. Im Laufe der 62 Jahre kamen ca.12 Millionen Einwanderer auf Ellis Island an, laut Nationalparkservice zwischen 2000-5000 am Tag. Die Mehrzahl davon zwischen 1892 und 1924. Die Einwanderer der 1. und 2. Klasse auf dem Schiff sind nicht mitgerechnet, sie mussten nicht auf Ellis Island „einchecken“… Ergo ca. 40% aller Amerikaner haben Vorfahren (im Jahr 2011, mehr als 100 Mio), deren erste Station auf amerikanischem Boden Ellis Island war. Von meiner amerikanischen Verwandtschaft weiß ich auch, wie wichtig die „Ahnenlinien“ sind. Egal ob es deutsche, irische, italienische oder…. Wurzeln sind, häufig habe ich sie sagen hören, sie sind German-American. Es ist wichtig zu wissen wo man her kommt. Keine Ahnung, warum, aber in den USA, dem Einwanderungsland schlechthin scheint es sehr wichtig zu sein. Von dem früher gepriesenen „Schmelztiegel“ ist man weit entfernt. Die Städte sind eher Flickenteppiche, so gibt es auch heute noch in jeder Großstadt Viertel, in denen man mit englisch nicht weit kommt und es so viele landestypischen Dinge (vorallem Essen) gibt, man könnte meinen man sei nicht im Land der Hamburger.

Es gilt nun Ellis Island zu erkunden. Das Gebäude ist beeindruckend schön, mit Ziegelsteinen, Kalkstein und weißen Fenstern. Übrigens mussten die New Yorker 5 Jahre nach der Eröffnung von Ellis Island als Einwanderungszentrum ein neues Gebäude bauen (dieses, was wir heute besuchen können), denn das alte Holzgebäude war komplett abgebrannt. Nach 3 Jahren Bauzeit war das neue 1900 fertig. Was für ein Chaos mag in der Zeit wohl geherrscht haben, Einwanderer, Bauarbeiter und das alles auf dem begrenztem Raum der Insel

Wir betreten als erstes die schön restaurierte Haupthalle, in weiß gehalten und riesig… Da alles für sehr viele Menschen ausgelegt ist, verlaufen sich die Touristen doch recht schnell und das Gedränge vom Boot ist schnell vergessen.

Die Immigranten waren stundenlang auf der Insel, bis die Untersuchungen und Befragungen fertig waren. Es bedeutete warten, warten und warten…. Schon als sie die Insel betraten wurden sie „sortiert“. Menschen die auffällig waren, im Sinne von, da stimmt was nicht, da passt uns was nicht, die könnten auffällig werden, bekamen eine gelbe Karte mit „S.I“ Special Inquiry, spezielle Befragung. Das waren ca. 10%. Es gab 3-4 Gremien mit jeweils 3 Vorsitzenden, die täglich jeweils 50-100 Anhörungen hielten, bei denen die Verwandten und Freunde ein gutes Wort einlegen konnten. Sorgar ein Übersetzer war immer anwesend. Wurde jemand abgelehnt, so konnte er sogar Einspruch in Washington D.C einlegen. Es wurden letztendlich ca.15-20% aller, die dem Gremium vorsprechen mussten abgelehnt und zurück geschickt.

Alle mussten zuerst zur Gepäckabgabe. Dort konnten sie ihr Gepäck aufgeben, was aber nicht alle machten, denn die logistische Mammutaufgabe hatte Lücken, Tücken und menschliches Fehlverhalten. Es gab zwar die Möglichkeit sein Gepäck und sogar an die vorhergesehene Endstation- sprich Stadt schicken zu lassen. Manchmal führte das aber zum Verlust des Gepäckes und Wucherpreise wurden durch einige Angestellte verlangt. Dieses Wissen machte die Runde und so schleiften etliche ihre ganzen Habseligkeiten während der ganzen Zeit mit sich herum.

Nach der Gepäckabgabe ging es in den oberen Stock zur medizinischen Inspektion, denn man wollte natürlich nur gesunde Einwanderer, die in der Lage waren zu arbeiten und man versuchte ansteckende Krankheiten zu eliminieren.
Aufgrund der hohen Zahl an Einwanderern hatten die Inspektoren nur kurz Zeit um sich einen Überblick zu verschaffen. Bei der „6-Sekunden Untersuchung“ wurde auf Atmung, allgemeiner Zustand und ob jemand etwas verbergen wollte, geachtet. Schien er „verdächtig“, so wurde die Jacke mit Kreide markiert und weitere Untersuchungen im Krankenhaus gemacht. Die meisten der Patienten durften nach der Genesung einreisen.
Die einzige Krankheit, die auf jeden Fall zur Abschiebung führte, war die ansteckende Augenkrankheit „Trachom“, die zur damaligen Zeit zur Erblindung führen konnte. Jeder wurde danach untersucht.

Jetzt ging es für die Einwanderer in die große Halle, zur Registrierung und offiziellen Befragung. Dort können wir heute gemütlich auf den Bänken von damals sitzen und alles anschauen, während die Menschen 2-5 bange Stunden verbrachten, bis sie zur Befragung und Registrierung kommen konnten. Wie lief das ab? Bevor man überhaupt auf das Schiff nach Amerika konnte, musste man 30 Fragen beantworten, was auf der Passagierliste festgehalten wurde.
Hier auf Ellis Island hatte jede Person einen Aufkleber auf der Jacke, die „Inspektionskarte“, auf ihr waren Zahlen und Angaben zu finden,  zu welcher Passagierlisten/ Schiff der Einwanderer gehörte und konnte so abgeglichen werden.  Die Inspektoren stellten noch einmal ein paar der 30 Fragen um feststellen zu können, ob man die Wahrheit im Abreiseland gesagt hatte oder nicht…. z.B. wo man hin wolle, wieviel Geld man besaß oder ob man schon im Gefängnis gewesen war. Sollte etwas nicht übereinstimmen oder man war schon im Gefängnis, so wurde auch hier ein spezielle Anhörung veranlasst.
Insgesamt wurden nur ca. 2% aller Einreisewilligen abgelehnt, jeweils zur Hälfte aus medizinischen und legalen Gründen. Sie wurden dann wieder auf Kosten der Reederei in den alten Abfahrtsort geschickt (ca. 250.000)

Viele Menschen kamen über Ellis Island, manche wurden berühmt oder erfolgreich, manche waren es schon, wie zum Beispiel Albert Einstein, der 1921 einwanderte oder Charlie Chaplin, der über die Einwanderung sogar einen Stummfilm „The immigrant“ machte.
Alle waren auf jeden Fall glücklich angekommen zu sein und ein neues Leben beginnen zu können. Für die Kinder war es oftmals einfach ein großes Abenteuer.

Die meisten Einwanderer waren Arbeiter, die in Minen, Fabriken oder auf Farmen arbeiteten.
Deutsche hatten oft eine Ausbildung in einer Brauerei, waren Schreiner, Schuhmacher oder ähnliches und konnten in solchen Berufen erfolgreich weiter arbeiten.
Die Iren waren oft wohl weniger gebildet, aber beliebt wegen ihrer grossen Einsatzbereitschaft und starken Schultern. Für irische Frauen stand ein großer Arbeitsmarkt offen, sie arbeiteten als Haushälterin in der wachsenden Mittelschicht und später oft als Lehrerin, Bibliothekarin oder ähnliches.

 

Für die meisten ging es nach Ellis Island weiter Richtung Westen, wenige blieben in New York. Es gab sogar „All inklusive ship and rail Tickets“, die nicht nur die Schiffsüberfahrt, sondern auch Zugfahrt zur „Endstation“ beinhalteten.

Einige hatten schon Familie in Amerika, andere waren ganz auf sich gestellt. Die erhielten Unterstützung von Organisationen, die schon auf Ellis Island Helfer hatten. Es war alles super organisiert, heute würde man sich solch eine Organisation auch wünschen, für die Einwanderer und das Land.

Sogar einen Kiosk gab es, der Verkäufer hatte bestimmt seinen Weg gefunden. Man beachte die Sprache der Preislisten…

Viele haben ihr Glück in Amerika gefunden, einige sind sogar sehr wohlhabend wieder in ihr Heimatland zurückgekehrt.

Am Ende des Besuches waren wir voller Demut vor der Stärke und dem Mut, den die Menschen in ihren Neuanfang steckten und was sie dafür alles auf sich nahmen.

Friede und Freude allen Menschen!

Ellis Island gehört zusammen mit der Statue of Liberty zu den über 400 Nationalparks der USA. Alle National Parks  (NPS service) haben nicht nur super nette Ranger vor Ort, die viel und geduldig erklären können, sondern auch ausgezeichnete Webseiten und viele der Informationen hier, habe ich erfragt, gelesen und direkt vor Ort aufgeschrieben oder auf deren Seiten gefunden.

Für nur $24.50 kann man über die Statue city cruises (alles verlinkt über NPS) eine Rundtour buchen (März 2023). Schon allein die Bootstour ist es wert. Man solle einen halben Tag einplanen. Unserer Meinung nach ist das definitiv zu wenig. Wir haben deutlich mehr Zeit gebraucht. Vor allem weil die beiden Museen sehr interessant sind. Man sollte sich aber, wenn man nicht so viel Zeit hat oder nehmen möchte unbedingt überlegen, was man auf Ellis Island anschauen will und was nicht.
Es gibt neuerdings noch eine 1,5h Führung in den alten, nicht restaurierten Teil, allerdings für zusätzliche $50 pro Person, hört sich aber auf jeden Fall spannend an.
Wir haben über Get Your Guide die Priority Tour für Statue of Liberty und Ellis Island zu einer bestimmten Uhrzeit mit Audioguide gebucht. Die war zwar teuerer, aber dafür mussten wir nicht stundenlang, sondern deutlich kürzer anstehen und konnten mehr Zeit vor Ort verbringen, für uns perfekt, aber natürlich ist man an dieses Zeitfenster gebunden, man sollte nicht zu spät kommen.

Absolut empfehlenswert und vielen Dank dem NPS Team von Ellis Island.
Wer sich dafür interessiert Original Interviews von Auswanderern zu hören und zu lesen: https://www.nps.gov/elis/learn/education/classrooms/oral-histories.htm

Die meisten meiner Infos habe ich vom National Park Service, bzw beim Besuch aufgeschrieben und vom NDR:
https://www.nps.gov/elis/index.htm
https://www.ndr.de/geschichte/chronologie/Als-die-ersten-Dampfschiffe-der-Hapag-nach-New-York-fuhren,dampfschiffe102.html

Hallo Ihr lieben Leser…
Der Beitrag hat viele viele Stunden gebraucht… vor Ort, zur Recherche zuhause, die Bearbeitung der Bilder, sogar ein Zoom Meeting mit einem Mitarbeiter des NPS, um zum endgülitgen Stand zu kommen. Da wir keine Werbung schalten, würden wir uns über den einen oder anderen Heller freuen, wenn er euch gefallen hat, denn auch wir können nicht nur von der Luft und Liebe leben 😉 Dankeschön

 

 

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